Ein Kommentar von Lars Michael Lehmann, Legasthenie-Experte und Fachjournalist
Letzte Woche war ein Bericht auf dem Blog der Zeitung Die Zeit „Stufenlos“ über
Meseret Kumulchew ein mit dem Titel: „Wegen Legasthenie diskriminiert“ zu lesen. Diesen Artikel will ich nicht unkommentiert lassen.
Dass Legastheniker in unserer Gesellschaft häufig nicht richtig verstanden werden – ist nichts Neues, auch aus der international Perspektive, gibt viele Probleme mit der beruflichen Integration von Betroffenen. Sie werden selten im Bildungswesen, richtig eingeschätzt und Arbeitgeber haben große Hemmungen sich dem Thema anzunehmen. Sie sind meistens voreingenommen, der Stempel als Legastheniker krank oder behindert zu sein, ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Nicht, weil wir Legastheniker behindert oder krank wären, denn das ist als Diffamierung unser Persönlichkeitsrechte zu bewerten, die unsere Menschenwürde verletzt – die klinisch-psychologischen Fachrichtung (Bundesverband Legasthenie), hat ein einseitiges und undifferenziertes Bild von uns Legasthenikern, in den letzten 40 Jahren gezeichnet. Dies wird leider häufig, wie wir es im Bericht lesen, von vielen Journalisten – kritiklos übernommen. Auch wenn manche Missstände, wie im Fall der Starbucks-Mitarbeiterin aus London beschrieben werden. Das Leben von uns Betroffenen in der Arbeitswelt ist sehr vielfältig!
Die Medien berichten, selten differenziert darüber, sie stellen meisten als „beeinträchtigte“ hin. Sie sollten mehr über unsere guten Potenzial berichte, was der Sache wirklich dienlicher wäre.
Und wenn so ein Bild, von uns gezeichnet wird, dann übernehmen diese Sicht, auch die Arbeitgeber, was eine Integration in den Arbeitsmarkt erschwert. Die Engländerin Meseret Kumulchew ist nur ein Beispiel von vielen. In Deutschland, erleben wir diese Fälle häufiger, wo Arbeitgeber wenig über das Thema Legasthenie Bescheid wissen. Die Chancen, die Menschen als Fachkräfte mitbringen, werden häufig verkannt. Weil, man nur das vorgefertigte undeutliche Störbild eines scheinbar kranken Mitarbeiters vor Augen hat. Ein differenzierter Blick wird dadurch verstellt, was nicht wenige Betroffenen an ihrer beruflichen Integration hindert. Sicherlich gibt es Ausnahmen, besonders im IT-Bereich oder in kreativen Berufen, gehört es häufig zum guten Ton: „Legastheniker zu sein.“ Denn nicht wenige Legastheniker bringen auf verschiedenen Gebieten ausgezeichnete Leistungen, die unsere Wirtschaft dringend benötigt.
Dazu brauchen wir keinen Behindertenstatus, den uns der Staat, die EU oder die Pharmaindustrie aufbürden will – nein wir brauchen uneingeschränkte Freiheit, uns entsprechend unserer Potenziale zu entfalten.
In mehrfachen Fällen läuft es in der Wirtschaft für Legastheniker recht gut, sofern sie selber Unternehmer oder Führungskräfte sind. Dort können, sie sich gut entfalten, wenn sie niemanden haben, der sie behindert. Unsere Erfahrung zeigt, dass nicht wenige Legastheniker in der Wirtschaft gute Positionen eingenommen haben, sie reden nur nicht darüber. Wir kennen einige Unternehmer und Führungskräfte, die als Legastheniker gut in ihrem Arbeitsfeld zurechtkommen. Dort besteht die Chance, das Arbeitsumfeld, an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. So, gelingt häufig die Integration in den Arbeitsmarkt. Die Versuche von staatlicherseits, uns als „Behinderte“ berufliche zu integrieren, scheitern regelmäßig. Weil, man keine wirklichen Erfahrungen mit Betroffenen hat. Ich habe es über viele Jahre so erlebt! Mein Widerstand hat sich gelohnt, denn heute bin ich der Position, wo ich immer hinwollte, denn ich wollte mein Leben selber gestalten und wollte Verantwortung übernehmen! Genau das macht mir riesigen Spaß!
Meine Sicht ist: Wir brauchen mehr Legastheniker in gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Verantwortung – die sich outen. Das würden vielen Betroffenen
Mut machen. So können wir die Diskriminierung in unserer Gesellschaft beseitigen.