Aus persönlicher und praktischer Erfahrung wissen wir, dass eine familiär bedingte Dyskalkulie sehr oft mit einer Legasthenie in Erscheinung tritt. Sicher ist jedenfalls, dass Dyskalkulie mit unter auch einen genetischen Ursprung hat. Verschiedene Studien belegen, dass rund 40-70 Prozent der Grundschüler von Kombinationen betroffen sein können.
Nach unseren Beobachtungen gibt es verschiedene Schweregrade. Nach britischen Stichproben ist auch die persönliche Entwicklung von Betroffenen recht eingeschränkt, da fast jeder Zweite laut dieser Studie langzeitarbeitslos war. Sicherlich kann man in Sachsen und auch deutschlandweit ähnliche Zahlen vermuten. Besonders wenn man sich die verfestigten Arbeitslosenzahlen im Bereich der Grundsicherung genauer ansehen würde. Denn diese Menschen sind einer besonderen Gefährdung ausgeliefert, dass sie auch langfristig keine gutqualifizierte Ausbildung erhalten werden. Da denjenigen meistens auch die Bildungsabschlüsse dazu fehlen werden. Die Gefahr ins soziale Abseits zu geraten, ist nach unseren Beobachten und Erfahrungen relativ hoch. Da die Jobsicherung bei besser Qualifizierten deutlich besser ist.
Beruhigend ist, dass nicht jeder Dyskalkuliker eine schwere Legasthenie hat. Dies beobachten wir zwar auch immer wieder in unserer Arbeit, dass es auch solche Fälle gibt. Sie sind jedoch nicht der Regelfall. Sehr oft beobachten wir leichte Legasthenien als Kombination mit Dyskalkulien. Zum einen treten legastheniespezifische Symptome beim Lesen oder auch Schreiben auf. Sie treten aber sehr individuell, aber gehäufter als angenommen auf. Es werden hier sehr unterschiedliche Beobachtungen gemacht. Leider gibt es bisher keine wissenschaftlichen Studien, die dies fundiert eruiert haben.
Nach unserer Sicht darf man keinesfalls die Dyskalkulie isoliert verstehen. Hier werden aber die meisten Fehldiagnosen gestellt, überwiegend aus Unwissenheit. In der wissenschaftlichen Forschung werden diese meistens auch nur isoliert voneinander erforscht, obwohl bereits seit 1985 und 1995 und in neueren Studien 2007 Kombinationen bei Grundschülern beobachtet wurden. In den USA gibt es durch Prof. Rouke und in Deutschland von Prof. Michael von Asten einige interessante Aussagen, als wichtige Indizien für unsere Herleitung. Auf diese werden wir zu einem anderen Zeitpunkt im Detail eingehen.
Um nicht durcheinander zu kommen, muss man an dieser Stelle erwähnen, dass eine Legasthenie als isolierte familiär bedingte Schwäche auftritt. In den letzten Jahren haben wir jedenfalls keine isolierte Dyskalkulie beobachten können. Deshalb bezweifeln wir, dass eine Dyskalkulie als isolierte Schwäche existiert, sofern man von einer familiären Anlage spricht. Erworbene Schwächen wie LRS und Rechenschwäche können durchaus isoliert voneinander auftreten, sofern sie durch die Lernmethodik oder Krankheiten erworben wurden.
Die Gefahr bei Betroffenen mit einer Kombination auf eine Förderschule für Lernbehinderte zu kommen, ist zumindest hier in Sachsen und Dresden sehr wahrscheinlich. Je nach Ausprägung ist dies keine Seltenheit, obwohl die Betroffenen von der Intelligenz her durchschnittlich begabt sind. An dieser Stelle versagt hier die testpsychologische Untersuchung in der Regel. Diese Sicht bestätigt auch der Prof. Manfred Spitzer, dass IQ-Testung auf den Durchschnitt der Bevölkerung von 85-115 IQ einigermaßen passen. Werden diese Tests aber mit Lernproblemen oder Sonderbegabungen konfrontiert, so sagt Spitzer: „Dann spaßt nichts mehr so richtig.“ Diese Aussagen bestätigen unsere Beobachtungen, dass Testungen weder bei Legasthenie oder Dyskalkulie noch bei erworbenen Problemen für eine objektive Beurteilung herangezogen werden können. Leider ist dies der Fall in unserem Bildungssystem oder in der Berufsfindung. Hier ist ein IQ-Test nur sinnvoll, wenn man eine wirkliche Lernbehinderung ausschließen will.
Dies sollte aber in den Grundschuljahren passieren, um frühzeitig intervenieren zu können. So können sowohl vielfältige Probleme im Verhalten als auch seelische Probleme präventiv vermieden werden. Meistens wird jedoch in diesem frühen Alter nicht richtig hingesehen. Zumeist aus Unwissenheit oder fachlicher Unkenntnis. Die Kinder werden daher frühzeitig erkannt. Daher ist es oft zu beobachten, dass diese Kinder häufig auf eine Förderschule delegiert werden. Eine negative Entwicklung für die gesamte Persönlichkeit des Kindes ist dadurch unweigerlich vorprogrammiert. Was auf lange Sicht sehr hohe Kosten für das Gemeinwesen bedeuten wird. Da Förderschüler und Hauptschüler sehr geringe Chancen für eine optimale berufliche Entwicklung erhalten werden. Denn Teilabschlüsse werden in der Wirtschaft nicht wirklich gebraucht. Daher geraten nicht wenige Betroffene ins soziale Abseits und zählen nicht selten zu den Langzeitarbeitslosen. Sicherlich beobachten wir auch andere Fälle. Erwachsene und Jugendliche mit Kombinationen sind doppelt betroffen!
Es ist schon schwer, sich mit einer Legasthenie durchs Schulleben zu kämpfen. Kombinierte Probleme sind durchaus eine deutlich größere Herausforderung als eine isolierte Legasthenie. Die Lebensgeschichte von Jana Kunath wird uns darüber einiges zeigen. Wie schwierig es ist, diese kombinierten Probleme richtig zu erkennen. Betroffene brauchen eine hoch qualifizierte Hilfestellung.