Seitdem sich Fachleute mit dem Thema LRS und Legasthenie befassen, werden die sozialen Umweltbedingungen als Ursache und wichtiger Punkt zu ihrer Bewältigung diskutiert. Dabei spielt die Erziehung eine wichtige Rolle (Legasthenie Coaching, 2018). In diesem Artikel wollen wir uns den Beobachtungen aus der täglichen Praxis widmen.
Eine unzureichende Erziehung kann bei Kindern mit LRS zu zusätzlichen Schwierigkeiten führen. Dabei werden die Probleme beim Lesen und Schreiben durch einen nicht konsequenten Erziehungsstil begünstigt. Wenn Eltern ihren Kindern nicht vorleben, dass Lesen und Schreiben essenzielle Fähigkeiten fürs Leben darstellen, dann werden die Kinder von sich aus kein Interesse daran haben. Die Vorbildfunktion der Eltern ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, der darüber entscheidet, ob der Schriftspracherwerb bei den Kindern gelingt oder nicht.
Wenn die Eltern nicht dafür sorgen, dass ihre Kinder während der Schulzeit lesen und schreiben lernen, dann werden diese Fähigkeiten nur ungenügend ausgebildet. Die Schule legt zwar den Grundstein dafür. Aber ohne regelmäßiges Training in den Familien werden die Probleme zunehmen. Leider wird dieser Aspekt in der Fachwelt zu wenig diskutiert. Die Hilfsangebote der Lerntherapien spielen eine große Rolle bei der Bewältigung einer LRS, aber die Eltern müssen dabei erzieherisch mithelfen. Eine gesunde Eltern-Kind-Bindung (Bauer, 2021) ist für diesen Prozess unerlässlich.
Wenn Betroffene mit ihrer LRS gut zurechtkommen, hat das oft mit einem stabilen Elternhaus zu tun, das sie entsprechend gefordert und gefördert hat. Wir glauben, dass diese familiären Bedingungen nicht unterschätzt werden sollten. Sicherlich spielen auch soziale Aspekte eine wichtige Rolle (bildungsnahe vs. bildungsferne Milieus). Eine ungenügende Erziehung gibt es aber auch in vielen besser gestellten Familien. Leider haben heute viele Familien Probleme bei der Erziehung ihrer Kinder, unabhängig von ihrem Milieu.
Eltern müssen den Mut haben, ihren Kindern Grenzen zu setzen. Eine Erziehung ohne Grenzen verhindert die Entwicklung eines stabilen und gesunden Selbstwertes sowie der psychischen Widerstandsfähigkeit. Eine ungenügende Erziehung kann großen Schaden anrichten (seelische Vernachlässigung). Ein strenger autoritärer Erziehungsstil ist für Kinder ebenso ungünstig wie ein lauer Laissez-faire Stil. Unserer Meinung nach ist ein ausgewogener autoritativer Erziehungsstil (Profiling Institut, 2020) am förderlichsten für die Kinderseelen. Kinder brauchen Grenzen, die sie im Elternhaus erlernen müssen, damit sie zu reifen Persönlichkeiten heranwachsen können. Das gilt auch für Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche. Eine gute Erziehung fördert die Bewältigung ihrer sprachlichen Probleme, und desto besser entwickelt sich auch die Psyche der Kinder. Die Elternhäuser sind gefordert, hier das richtige Maß zwischen Fordern und Fördern zu finden. Somit spielt die Erziehung bei Kindern mit LRS eine größere Rolle, als bisher in der Fachwelt diskutiert wurde.
Literaturverzeichnis
Bauer, Joachim (2021). Das empathische Gen – Humanität, das Gute und die Bestimmung des Menschen. Verlag Herder Freiburg.
Legasthenie Coaching (2018). Wie die Erziehung bei Kindern mit LRS gelingen kann. Legasthenie Coaching – Institut für Bildung u. Forschung Dresden. Zugriff am 31.03.2023. Verfügbar unter https://www.legasthenie-coaching.de/wie-die-erziehung-bei-kindern-mit-lrs-gelingen-kann/
Profiling Institut. (2020). Der autoritative Erziehungsstil. Zugriff am 31.03.2023. Verfügbar unter https://www.profiling-institut.de/der-autoritative-erziehungsstil/