
In der 23. Folge des Legasthenie Coaching-Podcasts geht Lars Michael Lehmann auf die Ergebnisse der LRSR-Studie ein und beleuchtet die Bereiche Diagnostik und Therapie von Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS). Diese Episode bietet wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Erfahrungen von Familien, deren Kinder von LRS betroffen sind.
Infos zur LRSR-Befragung
Die gesamte Studie erfasste 200 Familien mit Kindern und Jugendlichen mit Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten. Die komplette Studie wird im Herbst bzw. Frühjahr als Stichprobenstudie in Form einer wissenschaftlichen Veröffentlichung herausgegeben. Zudem wird ein Ratgeberbuch für Eltern und interessierte Fachleute erscheinen. Die Studie wurde von dem Legasthenie-Experten Lars Michael Lehmann und seinem Team im Zeitraum von 2016 bis 2022 durchgeführt. Ausschnitte der Studie werden in den Folgen 17 bis 28 des Podcasts besprochen.
Umfrageergebnisse und medizinische Hilfe
Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist, dass viele Eltern selten oder nie medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Von über 200 befragten Familien suchten 57% keinen Arzt oder Therapeuten auf, 19% konsultierten selten und 14% gelegentlich medizinische Fachleute. Nur 1% der befragten Familien suchte regelmäßig Ärzte auf. Diese Zahlen deuten darauf hin, dass die medizinische Relevanz von Lernproblemen oft nicht erkannt wird. Dies unterstreicht die Notwendigkeit einer besseren Aufklärung über die komplexen Ursachen von Lese-Rechtschreib-Schwäche, LRS, Diagnostik, Therapie.
Herausforderungen bei der Diagnostik
Die Diagnostik von LRS ist oft komplex und erfordert einen interdisziplinären Ansatz. Viele Kinder durchlaufen verschiedene Untersuchungen, darunter schulpsychologische Tests, augenärztliche Untersuchungen und logopädische Behandlungen. Die Studie zeigt, dass die Schulpsychologie und LRS-Feststellungsverfahren eine dominante Rolle spielen. Allerdings gibt es auch fragwürdige Methoden wie das optometrische Training, das wissenschaftlich nicht belegt ist.
Wissenschaftlich nicht belegte Verfahren
Neben dem optometrischen Training gibt es weitere Verfahren, die wissenschaftlich nicht belegt sind und deren Wirksamkeit umstritten ist:
-
Ron-Davis-Methode (23%): Diese Methode basiert auf der Annahme, dass LRS durch Desorientierung verursacht wird. Sie ist jedoch wissenschaftlich nicht anerkannt und wird als pseudowissenschaftlich eingestuft.
-
Hörtraining nach Warnke (12%): Dieses Training soll auditive Wahrnehmungsstörungen behandeln, hat jedoch keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz, um seine Wirksamkeit zu belegen.
-
Visuomotorische Trainings (10%): Diese Trainings zielen darauf ab, visuelle und motorische Fähigkeiten zu verbessern, haben jedoch keine nachgewiesene Wirksamkeit bei der Behandlung von LRS.
-
Winkelfehlsichtigkeit-Training (30%): Obwohl einige Optometristen dieses Training anbieten, gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass es bei der Behandlung von LRS hilft.
Therapieverläufe und Elternfeedback
Die Therapieverläufe werden von den Eltern unterschiedlich bewertet. Während einige Maßnahmen, wie die Förderung von Konzentration und Motivation, positiv hervorgehoben werden, zeigen sich nur langsame Fortschritte im Lesen und Schreiben. Viele Eltern berichten, dass sie zusätzliche externe Unterstützung suchen mussten, da die schulischen Angebote, wie eine LRS-Klasse und interner LRS-Förderunterricht, oft nicht ausreichten.
Die Studie zeigt auch, dass die häufigsten Diagnosen LRS, Legasthenie und AVWS (auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung) sind. Zusätzliche Maßnahmen wie Ergotherapie, Sprachtherapie oder Neurofeedback wurden teilweise begleitend eingesetzt. Allerdings deuten die Ergebnisse darauf hin, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt und viele Lernprobleme im schulischen Kontext nicht erkannt werden.
Herausforderungen und Grenzen schulischer LRS-Fördermaßnahmen
Ein weiterer relevanter Aspekt ist die berechtigte Kritik an den LRS-Klassen. Diese bieten häufig keine hinreichend spezialisierte, evidenzbasierte Förderung und sind vielmehr als ergänzende Maßnahme zum regulären Unterricht zu verstehen. Die vorliegende Studie verdeutlicht, dass zahlreiche Familien auf der Suche nach alternativen Unterstützungsangeboten sind, da die schulischen Maßnahmen oftmals nicht ausreichen, um den individuellen Förderbedarf von Kindern mit Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten angemessen zu adressieren. Dies legt nahe, dass das bestehende Bildungssystem mit der Komplexität und den vielfältigen Ausprägungen von LRS strukturell überfordert ist.
Fazit und Ausblick
Die aktuelle Podcast-Folge zeigt deutlich, dass es einen großen Bedarf an spezialisierter und evidenzbasierter Unterstützung für Kinder mit LRS gibt. Das Bildungssystem scheint häufig überfordert, und viele Familien sind auf der Suche nach zusätzlichen Hilfsangeboten. In den kommenden Wochen wird der Podcast weitere spannende Themen zur LRSR-Studie besprechen, wie psychosoziale Auffälligkeiten, Rechenschwäche als begleitende Schwäche, Wissensstände der Lehrer und Eltern, Definition der Schwierigkeiten, Lernmethode Lesen und Schreiben in der Grundschule.
Hören Sie alle Folgen unseres Legasthenie Coaching-Podcasts und teilen Sie den Link mit Ihren Freunden über WhatsApp oder Instagram.
Bleiben Sie dran – jede Woche erwartet Sie eine neue Folge mit aktuellen Forschungsergebnissen, Praxistipps und inspirierenden Geschichten!
Informieren Sie sich weiter:
- In einer früheren Folge haben wir bereits über die psychosozialen Auffälligkeiten bei LRS gesprochen.