Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Schreibens müssen auch in der heutigen Zeit ernst genommen werden, denn es geht um die gesunde und psychisch stabile Entwicklung unserer Kinder. Es ist fahrlässig, die Probleme der Kinder allein auf die Corona-Pandemie zu schieben. Die Corona-Zeit hat die Entstehung und Verfestigung von erworbenen Lese-Rechtschreib-Schwächen besonders begünstigt. Im Gegensatz dazu sind vererbte Lese-Rechtschreib-Schwächen (Legasthenie) seit mehr als 125 Jahren bekannt (Morgan 1896).
Die Corona-Pandemie hat das Leben vieler Menschen auf den Kopf gestellt. Das galt auch für Familien, die plötzlich mit Homeschooling konfrontiert wurden. Für die Eltern war es ungewohnt und eine große Herausforderung, die Lehrer zu ersetzen. Aus diesem Grund glauben viele Eltern, dass die aktuellen Lernprobleme ihrer Kinder auf das Homeschooling zurückzuführen sind (Baer und Koch 2021; Kortmann und Schulze 2020). Das mag für erworbene Lese-Rechtschreib-Schwächen gelten, die sich mit professioneller Nachhilfe gut beheben lassen. Anders verhält es sich jedoch bei der erblich bedingten Legasthenie, die unter anderem mit der Sprachverarbeitung im Sprachzentrum des Gehirns zusammenhängt. Seit fast 130 Jahren streiten sich die Experten über die Unterscheidung zwischen angeborener Legasthenie und erworbener LRS.
Corona hat dazu geführt, dass viele Kinder aufgrund der schulischen Bedingungen (Ausfall aufgrund von Schulschließungen) Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben haben. In vielen Fällen gibt es jedoch eine andere Ursache für die Probleme der Kinder. Nicht die ungewohnte Situation und das Homeschooling sind die Hauptgründe für diese Probleme. Die eigentliche Ursache kann eine Teilleistungsschwäche sein, die richtig diagnostiziert und mit einer professionellen Lerntherapie bewältigt werden muss.
In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf derartige Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben (Lehmann und Feldt 2023). Erste Anzeichen einer Teilleistungsschwäche (LRS oder Legasthenie) werden im folgenden dargestellt.
Grundlegende allgemeine Anzeichen
- Lesen und Schreiben fallen dem Kind schwer und erfordern hohe Konzentration und Anstrengung.
- Trotz wiederholten Übens werden immer wieder ähnliche Fehler gemacht und bleiben ohne erkennbare Verbesserung bestehen.
Konkretere Symptome, die auf eine Schwäche hindeuten, können anhand der beiden folgenden Checklisten überprüft werden.
Checkliste Leseschwäche
- Das Kind liest stockend und mit vielen Wiederholungen; das Lesetempo ist sehr niedrig.
- Das Kind verliert beim Lesen die Zeile im Text und betont nicht richtig.
- Beim Vorlesen lässt das Kind einzelne Worte oder Wortteile aus.
- Das Kind ersetzt oder verdreht Buchstaben, Wörter oder Wortteile.
- Das gleiche Wort wird immer wieder unterschiedlich vorgelesen.
- Das Kind hat große Probleme mit dem Textverständnis.
Checkliste Rechtschreibschwäche
- Das Kind schreibt langsam und mit vielen Korrekturen.
- Die Stifthaltung des Kindes ist auffällig oder es bleibt nicht auf der Zeile.
- Das Kind verwechselt ähnlich aussehende Buchstaben wie b/d, p/q oder u/n.
- Die Reihenfolge der Buchstaben in einem Wort wird vertauscht.
- Das Kind lässt einzelne Buchstaben weg oder fügt überflüssige Buchstaben hinzu.
- Ähnlich klingende Laute wie b/p, d/t oder g/k werden verwechselt.
- Das gleiche Wort wird in einem Text unterschiedlich geschrieben.
- Das Kind macht viele Fehler bei der Groß- und Kleinschreibung und wendet Rechtschreibregeln nicht konsequent an.
Wenn Sie aufgrund dieser typischen Symptome den Verdacht haben, dass Ihr Kind von einer Lese-Rechtschreib-Schwäche betroffen sein könnte, ist es wichtig, schnell zu handeln, damit Ihr Kind rechtzeitig Unterstützung erhält.
Denn die Auswirkungen einer unerkannten Lernschwäche (LRS) können gravierend sein. Der ausbleibende Lernerfolg nimmt den Kindern zunehmend die Motivation und die Freude am Lernen. Viele der betroffenen Kinder halten sich für unintelligent, obwohl dies nicht der Fall ist, und verlieren den Mut und ihr Selbstvertrauen (Schulte-Körne 2018).
Eine professionelle Diagnostik ist unerlässlich. Ob ein Kind tatsächlich von einer LRS / Legasthenie betroffen ist, lässt sich nur mithilfe qualifizierter Tests feststellen.
Bei Legasthenie Coaching – Institut für Bildung und Forschung legen wir großen Wert auf eine herzliche, ermutigende und wertschätzende Atmosphäre, in der sich das Kind wohlfühlt. Wir nutzen Beobachtungen, standardisierte Tests, qualitative Analysen und Gespräche, um ein umfassendes Bild des Ist-Zustandes zu erhalten und die Ursachen gezielt zu ermitteln. Ihr Kind soll von Anfang an erleben, dass wir nicht nur an seinen Schwächen und Fehlern, sondern vor allem an seinen Stärken und Fähigkeiten interessiert sind.
Die Diagnostik schließen wir mit einem ausführlichen Auswertungsgespräch ab, in dem wir die Ergebnisse detailliert erläutern und gemeinsam mit Ihnen die nächsten Schritte besprechen.
Unser Fazit
Vorübergehende Lernschwierigkeiten oder kurzfristige Lernblockaden sind bei Kindern nicht ungewöhnlich. Liegt jedoch eine Lernstörung vor, ist schnelles Handeln gefragt, damit Ihr Kind professionelle Unterstützung erhält.
Die größte Gefahr einer unerkannten Lernschwäche besteht darin, dass Kinder ihre natürliche Freude am Lernen verlieren. Daher ist es von großer Bedeutung, dass betroffene Kinder rechtzeitig Unterstützung erhalten, um Mut und Selbstvertrauen zurückzugewinnen und die schulischen Anforderungen erfolgreich zu bewältigen.
Literaturverzeichnis
Baer, Udo; Koch, Claus (2021): Corona in der Seele. Was Kindern und Jugendlichen wirklich hilft. Zweite Auflage. Stuttgart: Klett-Cotta.
Kortmann, Bernd; Schulze, Günther G. (2020): Jenseits von Corona. Unsere Welt nach der Pandemie – Perspektiven aus der Wissenschaft. Bielefeld: Transcript (X-Texte zu Kultur und Gesellschaft).
Lehmann, Lars M.; Feldt, Stefan (2023): Was ist LRS und Legasthenie? Hilfe bei LRS in Dresden. Veröffentlicht von: Legasthenie Coaching – Institut für Bildung und Forschung. Online verfügbar unter https://www.legasthenie-coaching.de/lrs-und-legasthenie/, zuletzt aktualisiert am 07.09.2023, zuletzt geprüft am 12.09.2023.
Morgan, W. P. (1896): A Case of Congenital Word Blindness. In: Br Med J 2 (1871), S. 1378. Online verfügbar unter: https://www.bmj.com/content/2/1871/1378, zuletzt geprüft am 10.10.2023.
Schulte-Körne, Gerd (2018): Legasthenie. Ratgeber zum Thema Legasthenie – Erkennen und verstehen. Online verfügbar unter https://www.bvl-legasthenie.de/images/static/pdfs/bvl/1_BVL_Ratgeber-Legasthenie_2018.pdf , zuletzt geprüft am 12.09.2023.